Das ganze Schutzkonzept hier als PDF
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Inhaltsverzeichnis
1. Leitbild2. Warum ein Schutzkonzept?
3. Gewaltbegriff und Formen von Gewalt
3.1. Gewaltbegriff
3.2. Formen von Gewalt
4. Partizipation und Prävention im Schulalltag..
5. Verhaltenskodex
6. Vertrauensstelle
8. Notfallplan bei akuter sexualisierter Gewalt
9. Verhaltenskodex und Selbstverpflichtung
1. Leitbild
Präambel
„Wenn das Leben keine Vision hat, nach der man sich sehnt, die man verwirklichen möchte, dann gibt es auch kein Motiv, sich anzustrengen.“(Erich Fromm)
Mit unserem Leitbild formulieren wir die Ziele und Werte, an denen sich die Menschen der Trierer Waldorfeinrichtungen orientieren. Da dies pädagogische Einrichtungen sind, steht der heranwachsende Mensch im Mittelpunkt. Das Leitbild soll Bewusstsein wecken für unsere Ideale und es soll unser Selbstverständnis im gesellschaftlichen Umfeld transparent machen.
Die Arbeit an der Umsetzung des Leitbildes sehen wir als kontinuierliche Herausforderung, als einen Prozess der individuellen Entwicklung und der Gemeinschaftsbildung. Das Leitbild ist das Licht, der Stern, der unseren Alltag begleitet.
Unsere Aufgaben und Ziele in der Gesellschaft
„Mit einer Weisheit, die keine Tränen kennt, mit einer Philosophie, die nicht zu lachen versteht und einer Größe, die sich nicht vor Kindern verneigt, will ich nichts zu tun haben.“ (Khalil Gibran)
Wir begleiten junge Menschen in ihrer Entwicklung, Erziehung und Bildung vom Beginn des Lebens bis zum Schritt in die Selbstständigkeit. Damit verstehen wir uns als ein Angebot in der Bildungslandschaft und dem sozialen Leben der Region. Wir wollen impulsgebend sein und Fragen der Zeit mitgestalten.
Wir sind offen für jedes Kind und jede Familie, die das Angebot wahrnehmen, mittragen und unterstützen will, unabhängig von religiösen, sozialen oder ethnischen Hintergründen. Unsere Einrichtungen werden in freier Trägerschaft durch verantwortliche Eltern, Lehrerkräfte und Erziehende geführt.
Waldorfpädagogik
„Das Kind in Ehrfurcht empfangen, in Liebe erziehen und in Freiheit entlassen.“(Rudolf Steiner)
Unser pädagogisches Handeln orientiert sich an der Anthroposophie und Menschenkunde Rudolf Steiners. Wir sehen den Menschen in seiner Ganzheitlichkeit von Leib, Seele und Geist und fördern die motorischen, handwerklich-künstlerischen und intellektuellen Fähigkeiten und Begabungen der Kinder.
Wir wollen dem einzelnen Kind und Jugendlichen mit liebevoller Hinwendung und achtsamem Interesse begegnen.
Zur Entwicklung der Gesundheitskräfte der Heranwachsenden bedarf es einer altersgemäßen, bewusst gestalteten Umgebung, die Geborgenheit und Hülle, Anregung und Herausforderung vermittelt. Die Kinder und Jugendlichen sollen ohne Angst und mit Freude lernen und in ihrer sich entwickelnden Selbständigkeit, Eigenverantwortlichkeit, Widerstandsfähigkeit und Willenskraft gestärkt werden. Erziehung zur Freiheit bedeutet für uns die Entwicklung sowohl der autonomen Individualität als auch der verantwortungsvollen Gemeinschaftsfähigkeit. Für Eltern, Heranwachsende, Erziehende und Lehrkräfte ist dies auch ein ständiger Prozess der Selbsterziehung und des lebenslangen Lernens im Wandel der Zeit.
Gemeinschaft
„Heilsam ist nur, wenn im Spiegel der Menschenseele sich bildet die ganze Gemeinschaft; und in der Gemeinschaft lebet der Einzelseele Kraft.“(Rudolf Steiner)
Wir verstehen uns als eine Gemeinschaft freier Individuen, in der Kinder, Jugendliche, Erziehende, Eltern und Lehrkräfte ihre Aufgaben und Probleme in konstruktiver Zusammenarbeit lösen wollen. Wir begegnen Menschen in ihrer Verschiedenheit respektvoll und offen. Freiheit und Verantwortung gehören für uns zusammen und stellen die Grundlage für unsere Selbstverwaltung dar. Diese ist umso lebendiger, je mehr Menschen engagiert an der Gestaltung der Gemeinschaft mitwirken.
Schutzkonzept
Einen besonderen Fokus legen wir auf den Schutz der Kinder und Jugendlichen vor jeglicher Form von Gewalt, unabhängig von sozialer oder kultureller Herkunft oder von Beeinträchtigung.
Der Auftrag zum Schutz des Kindeswohls stellt sich gleichwertig neben den Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsauftrag. Ziel ist es, die Rechte von Kindern und Jugendlichen auf körperliche und seelische Unversehrtheit, freie Persönlichkeitsentfaltung, Entwicklungsförderung, Erziehung und Pflege zu verwirklichen und sie vor Gewalt zu schützen.
2. Warum ein Schutzkonzept?
Ein Schutzkonzept hilft der Schule, dem Kindergarten und der Ganztagsschule zu Erfahrungsräumen und Orten zu werden, an denen Kinder und Jugendliche wirksam vor allen Arten von Gewalt geschützt sind. Das Konzept bietet das Dach für die Anti-Gewalt-Arbeit für und mit Kindern und Jugendlichen.
Als solches soll es nicht nur Gewalt und Missbrauch in der Schule verhindern, sondern insbesondere dafür sorgen, dass Schüler:innen, die anderenorts Gewalt oder sexuellen Missbrauch oder Übergriffe erleiden, hier ein kompetentes, verstehendes und helfendes Gegenüber finden.
Gewalt hat viele Gesichter. Sie reicht von unbeabsichtigten Grenzüberschreitungen über Mobbing unter Schüler:innen bis hin zu kriminellen Formen wie sexuellem Missbrauch. Jede Institution, die mit „Schutzbefohlenen“ arbeitet, muss sich mit diesem Thema auseinandersetzen. Alle Beteiligten – Schüler:innen, Lehrende und Eltern – müssen sich gemeinsam für ein gewaltfreies Miteinander einsetzen.
Die Erarbeitung und Beschäftigung mit einem solchen Schutzkonzept ist bereits ein wichtiger Teil der präventiven Arbeit. Zielführende Präventionsarbeit ist immer auch ein Ausdruck einer Haltung, die sowohl zu einem besseren Miteinander aller an der Einrichtung Beteiligten führt als auch zur Verbesserung des Schulklimas beiträgt.
Im Fokus des Schutzkonzeptes steht die Wahrung des Kindeswohls. Diese ist in dem Maße gegeben, in dem das Kind einen Lebensraum zur Verfügung gestellt bekommt, in dem es die körperlichen, gefühlsmäßigen, geistigen, personalen, sozialen, praktischen und sonstigen Eigenschaften und Beziehungen entwickeln kann, die es zunehmend befähigen, für sein eigenes Wohlbefinden im Einklang mit der Lebensrealität sorgen zu können. Werden kindliche Grundbedürfnisse ausreichend befriedigt und den Kindern die Möglichkeit gegeben, sich körperlich, seelisch und geistig gesund zu entwickeln und darüber hinaus ihrem Alter entsprechende Fähigkeiten und Fertigkeiten zu entfalten, so gehen wir davon aus, dass das Kindeswohl gesichert ist.
Die Waldorfschule Trier verpflichtet sich dazu, dass alle Mitarbeitenden sich aktiv mit diesem Schutzkonzept auseinandersetzen, dieses anerkennen und es im Schulalltag aktiv umsetzen. Alle Mitarbeitenden stimmen diesem Konzept durch ihre Unterschrift zu.
3. Gewaltbegriff und Formen von Gewalt
3.1. Gewaltbegriff
„Gewalt in der Schule umfasst das gesamte Spektrum von Tätigkeiten und Handlungen, die physische oder psychische Schmerzen oder Verletzungen bei den im Bereich der Schule handelnden Personen zur Folge haben, oder die auf die Beschädigung von Gegenständen im schulischen Raum gerichtet sind“ (Hurrelmann 1990:365).
3.2. Formen von Gewalt
a) Grenzverletzungen
Unbeabsichtigte oder eine aus einer „Kultur der mangelnden Sensibilität“ resultierende Überschreitung von Grenzen. Als Beispiele seien hier genannt:
- zufälliges Berühren oder auch grenzüberschreitende, zu intime körperliche Nähe und Berührung im alltäglichen Umgang
- Kränkungen durch eine als verletzend erlebte Bemerkung
- unangemessene Ansprache von Schüler:innen durch Lehrende und umgekehrt
- Missachtung der Schamgrenze, geschlechterbedingte Intimität und sexueller Normen in unterschiedlichen Kulturen
- geistige Grenzverletzung wie Manipulation, Indoktrination und Abwertung
b) Übergriffe
Im Falle eines Übergriffes handelt es sich immer um beabsichtigte Handlungen. Sie sind das Ergebnis von persönlichen und/oder grundlegenden fachlichen Defiziten. Beispiele hierfür sind:
- systematische Verweigerung von Zuwendung und Aufmerksamkeit durch Lehrende
- verbale Gewalt
- inadäquate Sanktionen auf Fehlverhalten
- Bloßstellen von persönlichen Defiziten
- Missachtung der nonverbal oder verbal angezeigten Reaktionen der Opfer
- Ausnutzung von Machtpositionen der Lehrenden
c) Strafrechtlich relevante Formen von Gewalt
Hier sind zum Beispiel Körperverletzung, sexueller Missbrauch, Nötigung, Erpressung sowie freiheitsentziehende Maßnahmen zu nennen.
d) Strukturelle/institutionelle Gewalt
Strukturelle Gewalt liegt vor, wenn Konzepte, Einstellungen, Räumlichkeiten und/oder Organisationsstrukturen das Risiko von Grenzverletzungen und anderen Formen der Gewalt begünstigen. Hierzu gehören beispielsweise fehlende Konzepte zur Gewaltprävention, fehlende Transparenz in Bezug auf das pädagogische Handeln der Einzelnen oder auch die Inschutznahme von Personen bei übergriffigem Verhalten.
Gewalt im Sinne des Schutzkonzeptes liegt vor, wenn andere Menschen gezielt oder fahrlässig physisch, psychisch oder geistig verletzt werden.
4. Partizipation und Prävention im Schulalltag
Eine erfolgreiche Prävention ist ein Ausdruck einer Haltung, die nachhaltig zu einem positiven sozialen Klima der gesamten Einrichtung führt. Allen Beteiligten der Schule sollte die Möglichkeit gegeben werden, an präventiven Maßnahmen gestalterisch mitzuarbeiten. Die Gewaltprävention ist eine Aufgabe der ganzen Schulgemeinschaft. Jede Person hat an ihrer Stelle die Verantwortung für den Schutz aller Betroffenen.
Da pädagogische Prävention zum Ziel hat, die Kinder und Jugendlichen einerseits durch eine präventive Erziehungshaltung im Schulalltag zu schützen und andererseits für Schutz durch Aufklärung zu sorgen, verpflichtet sich die Waldorfschule Trier, altersangemessene Konzepte zu relevanten Themen bereitzustellen oder diese zu entwickeln. Hierzu zählen ein Konzept zur Gewaltprävention, Suchtprävention, Medienpädagogik und Sexualpädagogik. Diese Konzepte sollen die jeweilige Thematik in jeder Altersstufe berücksichtigen und zu zielführender Aufklärung beitragen.
Auch die Beteiligung an Präventionsmaßnahmen durch die Kinder und Jugendlichen in altersangemessener Form gilt es sicherzustellen. Dies kann in Form von verschiedenen Projekten wie zum Beispiel den Streitschlichtern stattfinden.
Des Weiteren dienen regelmäßige Fortbildungen der Mitarbeitenden dazu, das Schutzkonzept in der Schule fest zu verankern und diese weiter für die verschiedenen Themen zu qualifizieren.
5. Verhaltenskodex
Ein Verhaltenskodex dient den Mitarbeitenden als Orientierungsrahmen für den grenzachtenden Umgang mit Kindern bzw. Jugendlichen und formuliert Regelungen für Situationen, die für Gewalt leicht ausgenutzt werden können. Die Regeln und Verbote zielen auf den Schutz vor sexuellem Missbrauch und schützen zugleich die Mitarbeitenden vor falschem Verdacht. Der Verhaltenskodex stellt eine wichtige Orientierung zur Förderung einer Kultur der Gewaltfreiheit dar.
Die Verantwortung für den Schutz vor jeglicher Form von Gewalt, insbesondere sexualisierter Gewalt, liegt bei allen Mitarbeitenden der Schule. Sowohl das lehrende als auch das nicht lehrende Personal nimmt eine besondere Rolle ein. Bei der Arbeit mit Kindern entstehen oft ein besonderes Vertrauensverhältnis und eine gewisse Machtposition. Damit trägt jede:rMitarbeiter:in eine besondere Verantwortung und muss sich seiner Rolle bewusst sein. In einem Verhaltenskodex sind verbindliche Verhaltensregeln im Umgang miteinander festgehalten, um vor (unbewusstem) Rollenmissbrauch zu schützen.
Die daraus abgeleiteten Verhaltensregeln lassen sich folgenden Gebieten zuordnen:
- Nähe und Distanz: In der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ist ein adäquates Verhältnis von Nähe und Distanz erforderlich. Wertschätzung und Respekt sind die Basis für die angemessene professionelle Distanz, die emotionale Abhängigkeiten vermindert.
- Körperkontakt: Körperliche Berührungen sollen zurückhaltend und nur im erforderlichen Umfang erfolgen oder zur Abwehr und zum Schutz vor anderen. Der Wille der Schutzbefohlenen ist ausnahmslos zu respektieren.
- Sprache und Wortwahl: Durch (z.B. sexualisierte) Sprache und Wortwahl können Menschen verletzt und gedemütigt werden, deswegen müssen sie dem Arbeitsauftrag, der Zielgruppe und deren Bedürfnissen entsprechen.
- Beachtung der Intimsphäre: Den Schutz der Intimsphäre gilt es zu achten. Veranstaltungen mit Übernachtungen sind besondere Herausforderungen, bei denen sich alle Begleitpersonen der damit verbundenen hohen Verantwortung bewusst sein müssen.
- Bevorzugungen: Schenkungen und Geschenke gehören nicht zu den gewünschten pädagogischen Maßnahmen. Geschenke, insbesondere wenn sie nur ausgewählten Kindern und Jugendlichen zuteilwerden, fördern die emotionale Abhängigkeit. Die Mitarbeitenden müssen den Umgang mit Geschenken kritisch reflektieren und transparent handhaben.
- Umgang und Nutzung von Medien und sozialen Netzwerken: Die Auswahl von Filmen, Fotos, Spielen und Materialien muss sorgsam getroffen werden. Die Auswahl muss pädagogisch sinnvoll und altersadäquat erfolgen. Lehrendes und nicht lehrendes Personal vermeidet unbedingt Kontakte in sozialen Netzwerken zu Schüler:innen.
- Erzieherische Maßnahmen: Sie müssen so gestaltet sein, dass sie die persönlichen Grenzen von Schutzbefohlenen nicht überschreiten. Es ist darauf zu achten, dass sie im direkten Bezug zum Fehlverhalten stehen, angemessen, konsequent und für die Betroffenen nachvollziehbar sind.
- Jede:rMitarbeiter:in ist verpflichtet den Verhaltenskodex und die Selbstverpflichtung (s.S. 17/18) zu lesen und zu unterschreiben.
6. Vertrauensstelle
Aufgaben der Vertrauensstelle sind die Prävention von und die Intervention bei Gewaltvorfällen in der Schule. Dazu gehören u. a. die fachliche Beratung und qualifizierte Hilfe bei Androhung oder Vorkommnissen von körperlicher, psychischer oder sexueller Gewalt. Die Vertrauensstelle bietet allen Eltern, Kindern und Jugendlichen sowie Mitarbeitenden der Schule eine Anlaufstelle, die koordiniert, weiterleitet und unterstützt.
Zusammensetzung
Die Vertrauensstelle setzt sich aus 3 Mitgliedern zusammen: Der oder die Kindeswohlbeauftragte und/oder ein Schulsozialarbeiter, ein Lehrer oder eine Lehrerin und eine dritte Person vorzugsweise aus der Elternschaft/Ehemalige/Externe.
Einsetzung
Der oder die Kindeswohlbeauftragte wird aus dem Gesamtkollegium bestimmt und ist aufgrund der überschneidenden Aufgabenbeschreibung als Mitglied der Vertrauensstelle gesetzt. Ersetzt werden kann der Kindeswohlbeauftragte durch einen Schulsozialarbeiter. Aufgrund der sehr sensiblen Aufgabe der Vertrauensstelle ist eine gute Zusammenarbeit mit der Schulleitung unabdingbar. Daher schlägt die Leitung die Lehrkraft vor; das Gesamtkollegium bestätigt die Lehrkraft gegebenenfalls durch eine Wahl. Das dritte Mitglied soll vorzugsweise aus dem Kreis der Elternschaft/ehemaligen Eltern/externen Personen kommen. Diese Person wird von dem ELK gewählt.
Kompetenzen und Fähigkeiten der Vertrauensstelleninhaber:innen
- Von dem:derVertrauensstelleninhaber:in wird erwartet:
- Unvoreingenommenheit
- Offenheit, Sozialkompetenz, Selbstreflexion
- Vertrauenswürdigkeit, Diskretion
- Erfahrung und Bereitschaft zur Weiterbildung auf dem Gebiet der Gesprächsführung und Konfliktbearbeitung
- Unverzügliche Offenlegung einer möglichen Befangenheit im Einzelfall
- Bereitschaft zur gemeinsamen Grundlagenarbeit, Intervision und Supervision
- Einhaltung der Schweigepflicht
- Transparentes Arbeiten
- Prozessbegleitungsqualitäten
Aufgaben der Vertrauensstelle
1. Allgemein
- Etablierung der Gewaltprävention durch gezielte Information, Gesprächsführung und der Initiierung von regelmäßig stattfindenden (mindestens 1 pro Jahr) und für alle Mitarbeitenden verpflichtende Fortbildungen
- Meldungen entgegennehmen, bearbeiten, dokumentieren, abschließen
- Gespräche mit den Beteiligten führen und gemeinsam nach Lösungen suchen
- Weiterleitung von notwendigen Informationen an die Leitungsverantwortlichen
- In Zusammenarbeit mit den Leitungsverantwortlichen Weiterleitung von notwendigen Informationen an Eltern, Angehörige, Therapeuten usw.
- Einschaltung von Opferhilfe- und Beratungsstellen
- Anregung/Vermittlung von geeigneten Täter-Opfer-Ausgleichsverfahren, von einer Entschuldigung des Täters bis hin zu Mediationen
- Veranlassen medizinischer Untersuchungen
- Veranlassung psychiatrischer/psychologischer Begleitung/Beratung (Täter/Opfer)
- Bericht über Vorfälle an das Kollegium/Teile des Kollegiums/die Elternvertretung/ Eltern (Elternabend) aus begründetem Anlass
- Intervention bei Vorfällen von Gewalt im Rahmen der verabredeten Strukturen
2. Präventive Aktivitäten
- Initiierung von Fortbildungsangeboten zum Thema Gewaltprävention für Schüler:innen, Lehrende und Eltern
- Altersgemäße Information, Sensibilisierung und Stärkung der Schüler:innen
- Information und Einführung neuer Mitarbeitenden in das Schutzkonzept
- Reflexionsangebote zur Stärkung der Mitarbeitenden.
- Hinweise auf rechtliche Vorgaben, z.B. polizeiliches Führungszeugnis
3. Arbeitsweise der Vertrauensstelle
- Den Mitgliedern der Vertrauensstelle stehen angemessene Deputatseinheiten zur Verfügung. Nach einer Erfahrungszeit von 12 Monaten wird der Zeitaufwand ausgewertet und das Deputat gegebenenfalls korrigiert.
- Die Vertrauensstelle wählt ihre Arbeitsform (z.B. regelmäßig stattfindende Sprechstunden). Daneben sind sie für aktuelle Vorfälle jederzeit ansprechbar.
- Die Vertrauensstelle garantiert den Gesprächsparteien Vertraulichkeit. Die Weitergabe von Informationen an oder Einbeziehung von Dritten erfolgt grundsätzlich nur in Absprache mit allen Beteiligten. Nur so kann die Vertrauensstelle als ein hilfreiches Beratungsangebot mit niederschwelligem Zugang wahrgenommen werden. Wenn Vorfälle mit Dritten besprochen werden müssen (z.B. aus rechtlichen Gründen), auch ohne Zustimmung der Beteiligten, ist dies anzukündigen. Versprechen, Dinge nicht weiterzugeben, sollten nicht voreilig gegeben werden. Die Beurteilung im Einzelnen hängt von dem jeweiligen Vorfall und dem Alter der beteiligten Personen ab. Die Schweigepflicht gilt nicht innerhalb der Mitglieder der Vertrauensstelle, außer in besonders begründeten Fällen (z.B. Befangenheit)
- Die Vertrauensstelle dokumentiert Gespräche und Meldungen auf vorgegebenen Formularen. Diese werden an einem sicheren Ort verwahrt, so dass Einsichtnahme von Dritten ausgeschlossen ist. Die Dokumentation wird nach Abschluss des Vorfalles vernichtet.
- Für die Aufnahme von arbeitsrechtlich relevanten Informationen in die Personalakte ist der verantwortliche Vertreter des Vorstands zuständig.
- Beim Umgang mit den Dokumenten achten die Einrichtungen auf die Bestimmungen des Datenschutzes.
4. Interventionen
a) Bei Gewalt unter Schüler:innen
Die Mitglieder der Vertrauensstelle ersetzen nicht die pädagogische Aufgabe der jeweils zuständigen Lehrenden, die zunächst für alles Geschehen innerhalb der Klassen zuständig sind. Die Mitglieder der Vertrauensstelle stehen für die Lehrenden und Mitarbeitenden der Schule beratend bzw. als Reflexionspartner zur Verfügung. Sie sprechen mögliche Abläufe und Konsequenzen an und entscheiden, wer zu beteiligen ist (Eltern, Schulleitung, Schulamt, Jugendamt, externe Beratungsstelle). Sie machen Vorschläge für Unterstützungsangebote und kümmern sich um entsprechende Schritte. Schüler:innen können sich auch direkt an die Vertrauensstelle wenden. Die Mitglieder beraten diese oder delegieren an die zuständigen Lehrenden zurück, führen gegebenenfalls gemeinsame Gespräche mit den Parteien oder leiten die ansonsten notwendigen Maßnahmen ein.
b) Bei Gewalt von Lehrenden gegenüber Schüler:innen
Hier gilt der Interventionsplan als Ablaufplan bei Fällen von Kindeswohlgefährdung (Kapitel 7). Darüber hinaus besteht die Möglichkeit für die Lehrenden, eigenes Verhalten, das selbst als grenzwertig unterhalb der Schwelle der im „Ablaufplan" gemeinten Handlungen erlebt wird und das möglicherweise aus einer Überforderungssituation entstanden ist, mit den Mitgliedern des Vertrauensstelle zu reflektieren.
c) Bei Gewalt gegenüber Lehrenden
Auch hier ist die Vertrauensstelle erste Anlaufstelle für die betreffenden Lehrenden, die über die weitere Bearbeitung und eventuelle Folgeschritte entscheidet.
d) Bei Verdacht auf sexuelle Übergriffe/Missbrauch
In diesem Fall ist besonders vorsichtiges Vorgehen notwendig. Hier ist sowohl die Gefahr der Vertuschung als auch der Schutz einer möglicherweise zu Unrecht verdächtigten Person zu beachten (siehe Notfallplan Kapitel 8).
e) Bei Verdacht auf Gewalt außerhalb der Schule
Bei Bekanntwerden bzw. dem Verdacht, dass Schüler:innen außerhalb der Schule Gewalt ausgesetzt sind, ist eine entsprechende Beratungsstelle einzuschalten.
5. Zusammenarbeit der Vertrauensstelle mit den Leitungsgremien
Die Vertrauensstelle arbeitet diskret und transparent mit den Leitungsverantwortlichen zusammen. In Krisensituationen, insbesondere bei vermuteter sexueller Gewalt, bilden Vertrauensstelleninhaber:innen und eine Leitungsverantwortliche (ggf. gemeinsam mit einer externen Fachkraft) ein Interventionsteam zur Prozesssteuerung.
a) Strafanzeigen bzw. Meldungen gegenüber den zuständigen Aufsichtsbehörden
Diese sollten ausschließlich von den Leitungsverantwortlichen vorgenommen werden. In diesen Fällen informieren die Leitungsverantwortlichen die Schulaufsicht und holen sich Rat bei einer geeigneten Beratungsstelle.
b) Rehabilitation
Menschen, die zu Unrecht einer Gewaltanwendung bezichtigt werden, können von der Einrichtung erwarten, dass ihrer Rehabilitation ebenso Aufmerksamkeit geschenkt wird wie der Bearbeitung der Grenzverletzungen und Übergriffe. Es ist Aufgabe des Interventionsteams, gemeinsam mit dem Betroffenen angemessene Wege zur Wiedergutmachung zu entwickeln und umzusetzen.
c) Krisenkommunikation und Presseanfragen
Presseanfragen und -erklärungen zu dem Themenkomplex Gewalt und Gewaltprävention werden ausschließlich von den Leitungsverantwortlichen bearbeitet. Eine Befragung der Mitarbeitenden durch Medienvertreter wird nicht gestattet und muss mit dem Hinweis auf oben genannte Regelung abgelehnt werden.
d) Berichterstattung
Die Vertrauensstelle berichtet einmal jährlich über ihre Arbeit im Rahmen der ersten Gesamtkonferenz im Schuljahr. Darüber hinaus gibt die Vertrauensstelle einen kurzen Bericht ihrer Arbeit in der Mitgliederversammlung.
e) Überprüfung
Die Einrichtung überprüft und überarbeitet gegebenenfalls ihr Schutzkonzept nach zwei Jahren oder nach aktuellem Anlass.
7. Interventionsplan als Ablaufplan bei Fällen von Kindeswohlgefährdung
Schritt 1: Meldung
- Die Lehrenden haben die Verpflichtung, Situationen, auch diejenigen, die nicht klar einzuschätzen sind und eine Gefährdung des Kindeswohls darstellen können, dem Kindeswohlbeauftragten der Schule zeitnah zu melden. Es folgt je nach gemeinsamer Einschätzung der Situation ein Gespräch mit den betroffenen Personen.
- Eltern, welche das Kindeswohl ihres Kindes verletzt sehen, wenden sich an den Klassenlehrer/Klassenbetreuer oder die Vertrauensstelle der Schule.
- Schüler:innen, die eine Grenzverletzung melden wollen, können sich direkt an den oder die Kindeswohlbeauftragte:n, Vertrauensstelle oder Klassenlehrer:in bzw. -betreuer:in wenden.
- Es folgt ein Erstgespräch von Mitgliedern der Vertrauensstelle mit allen betroffenen Personen, welche sich an die Schule gewandt haben:
- Die Gespräche werden nur mit den betroffenen Personen geführt. Kommen von mehreren Parteien Anschuldigungen über physische oder psychische Gewalt, so wird mit allen einzeln gesprochen.
- Gibt es Vorwürfe, die sich auf Unterrichtssituationen beziehen und die ganze Klasse betreffen, wird der Vorfall an die Leitungsverantwortlichen weitergeleitet, da es sich hier nicht um einen Übergriff gegen einzelne Lernende handelt. Hier müssen dann Maßnahmen ergriffen werden, welche die Situation merklich für Lernende und Kollegen ändert.
Schritt 2: Die Leitungsverantwortlichen werden informiert
Bei einem ungeklärten Sachverhalt, d.h. wenn die Schilderungen des Betroffenen von denen der beschuldigten Person abweichen, kann der schulpsychologische Dienst des Schulamtes zur Beratung des weiteren Vorgehens hinzugezogen werden.
Schritt 3: Weitere Maßnahmen
Mit den Leitungsverantwortlichen/den Ressorts und gegebenenfalls mit Beratung des schulpsychologischen Dienstes werden weitere Maßnahmen besprochen, so diese erforderlich sind:
a) Kindeswohlgefährdung ausgehend von der Lehrkraft
- Rückmeldung an die betroffenen Parteien
- Begleitung der betroffenen Lehrkraft im Unterricht
- Herausnahme der betroffenen Lehrkraft aus dem Unterricht
- Verpflichtende Teilnahme an Fortbildungsmaßnamen
- Arbeitsrechtliche Konsequenzen wie Ermahnungen, Abmahnungen oder gar Kündigungen
- Einbeziehung der Schulaufsicht
- Anzeige
Ergriffene Maßnahmen können aus arbeitsrechtlichen Gründen in der Öffentlichkeit nicht kommuniziert werden.
b) Kindeswohlgefährdung ausgehend von Schüler:innen
Hier greifen die Stufen der disziplinarischen Ordnung.
c) Kindeswohlgefährdung seitens der Eltern
Einschaltung des Jugendamtes: Von der Vertrauensstelle wird ein Protokoll geführt, welche Gespräche zu welchem Zeitpunkt stattgefunden haben. Es wird eine kurze Notiz zum Inhalt der Gespräche und zum weiteren Vorgehen verfasst. Nach spätestens drei Wochen sollten die Schritte 1 bis 3 abgeschlossen sein.
Informationen an die Klassenelternschaft werden erst nach Abschluss des Klärungsprozesses gegeben, soweit das von den Elternhäusern als erforderlich erachtet wird.
8. Notfallplan bei akuter sexualisierter Gewalt
Ein schriftlich fixiertes Verfahren zum Vorgehen in Kinderschutz-Fällen und insbesondere beim Verdacht auf sexualisierte Gewalt (auch innerhalb der Einrichtung) ist ein unerlässliches Element eines Schutzkonzepts.
Nimmt ein:eMitarbeiter:in einen oder mehrere Anhaltspunkte bei einem Kind wahr, die darauf hindeuten, dass eine Gefährdung vorliegt, gibt es einen genauen Ablauf, was zu tun ist. Das gilt auch für Vorfälle, die beobachtet oder erzählt werden:
1. Ruhe bewahren, aber umgehend handeln
2. Wenn nötig, unbeteiligte KollegInnen zu Rate ziehen
3. Den Vorfall/ die Beobachtung mit Zeit und Datum dokumentieren
4. Wird ein Übergriff unmittelbar beobachtet, sofort beenden. Kind/er schützen
5. Den Vorfall mit der Vertrauensstelle und der zuständigen Fachkraft intern besprechen und das weitere Vorgehen abstimmen
6. Bei Bedarf Kontaktaufnahme zur Insofern erfahrene Fachkraft (IseF) bzw. zur Beratungsstelle nach §8a SGB VIII und zu Fachberatungsstellen
7. Die Erziehungsberechtigten werden mit einbezogen, sofern es dem Schutz des Kindes nicht entgegensteht.
8. Bei tatsächlicher Kindeswohlgefährdung das Jugendamt informieren.
9. Verhaltenskodex und Selbstverpflichtung
Unsere Schule soll für alle Kinder und auch für die Erwachsenen einen Raum bieten, in dem sie ihre Persönlichkeit, ihre Fähigkeiten und Begabungen entfalten können und sich angenommen und sicher fühlen. Die Verantwortung für den Schutz vor jeglicher Form von Gewalt, insbesondere sexualisierter Gewalt, liegt bei allen Mitarbeitenden. Die Beziehungen aller Menschen unserer Schule untereinander gestalten wir mit Wertschätzung, Respekt, Achtsamkeit, einem verantwortungsvollen Umgang mit Nähe und Distanz und einem Grenzen achtenden Umgang miteinander. Wirksame Prävention, gerade auch gegen sexualisierte Übergriffe, kann nur gelingen, wenn alle Mitarbeitenden, also das lehrende und auch nicht lehrende Personal, sich ihrer Rolle und Verantwortung bewusst sind, die aus einer besonderen Vertrauens- und Machtposition resultiert. Es bedarf einer Haltung, die gekennzeichnet ist vom wachsamen Hinschauen und offenem Ansprechen von Fehlverhalten. Dazu bedarf es klarer Regeln bzgl. eines achtsamen und respektvollen Umgangs mit den uns anvertrauten Kindern. Der Verhaltenskodex umfasst verbindliche Verhaltensregeln für den Arbeitsalltag.
Die Mitarbeitenden erkennen diesen Verhaltenskodex durch ihre Unterschrift an:
1. Ich verpflichte mich, das Schutzkonzept zur Gewaltprävention und zum Umgang mit Gewaltvorfällen der Freien Waldorfschule Trier in Gänze anzuerkennen und danach zu handeln.
2. Meine Arbeit mit den mir anvertrauten Kindern und Jugendlichen ist geprägt von Wertschätzung und Vertrauen. Ich achte ihre Würde und ihre Rechte und bestärke sie darin, für ihre seelische und körperliche Unversehrtheit einzutreten.
3. Ich gehe verantwortungsbewusst und achtsam mit Nähe und Distanz um. Ich respektiere die Intimsphäre und persönlichen Grenzen der mir Anvertrauten. Ich vermeide den Kontakt in sozialen Netzwerken zu Schüler:innen.
4. Ich verpflichte mich, gesetzliche und vertragliche Schweigepflichten und Datenschutzverordnungen einzuhalten sowie die Vertraulichkeit zu wahren zum Schutz der Betroffenen, der Mitarbeitenden und der Einrichtung.
5. Mir ist meine besondere Vertrauens- und Machtposition gegenüber den schutzbedürftigen Kindern/Jugendlichen bewusst. Ich handle transparent und nutze keine Abhängigkeiten aus.
6. Ich bestätige, die Strukturen zur Bearbeitung von Gewaltfragen zu kennen und zu nutzen (Vertrauensstelle).
7. Ich toleriere weder diskriminierendes, gewalttätiges noch grenzüberschreitendes, und sexualisiertes Verhalten in Wort und Tat. Ich beziehe dagegen aktiv Stellung. Sobald ich Grenzverletzungen wahrnehme, bin ich verpflichtet, die notwendigen und angemessenen Maßnahmen zum Schutz der Betroffenen einzuleiten.
8. Ich kenne die Handlungsleitlinie der Schule und hole mir bei Bedarf Beratung und Unterstützung.
Kenntnisnahme des Verhaltenskodex' der Freie Waldorfschule Trier
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Name, Vorname
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Dienstbezeichnung bzw. Tätigkeit
Ich habe den Verhaltenskodex der Freien Waldorfschule Trier erhalten und zur Kenntnis genommen.
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Ort, Datum Unterschrift