Freie Waldorfschule Trier

„Das Kind in Ehrfurcht aufnehmen, in Liebe erziehen und in Freiheit entlassen.“ Rudolf Steiner

Lernen in Bewegung und Bewegtes Lernen

Freudig und voller Bewegungsdrang betreten die Erst- und Zweitklässler morgens das Klassenzimmer. Da werden Bälle, Stelzen und Springseile geholt und dann geht es noch mal bis zum Unterrichtsbeginn auf den Pausenhof.

 Der Bewegungseifer der Kinder ist groß und da setzt die Waldorfpädagogik in den ersten Schuljahren an, sie holt die Kinder da ab, wo sie sind, in der Bewegung. Mit dem „Beweglichen Klassenzimmer“, das Mobiliar besteht aus Kissen und Bänken, wird der Lernraum geschaffen, welcher der Natur der Kinder entspricht. Schnell ist das Mobiliar zu einem Balancierparcours umgebaut. Mit den Füßen tastend und das Gleichgewicht haltend meistern die Kinder diese Herausforderung. Sie schulen ihre Bewegung und ihren Körper und schaffen sich so eine wichtige Grundlage für das weitere Lernen, denn wer ganz Herr seiner Sinne und seines Körpers ist, kann sich freudig und sicher immer neuen Aufgaben widmen. Wie eng das Lernen mit der Bewegung doch zusammenhängt, zeigt sich auch in den einzelnen Epochen der Unterstufe: Im Formenzeichnen zum Beispiel bewegen die Kinder die Formen mit ihrem ganzen Körper, im Rechnen erobern sich die Schüler durch aktives Erleben von Abständen, Sprüngen und Größen die Zahlenräume und das Einmaleins und im Haus- und Ackerbau tauchen die Kinder durch eigenes Tun in die Lerninhalte ein. Im bewegten Lernen zeigen die Kinder große Konzentration, Sozialkompetenz und Eigenaktivität, auch wenn sie dabei nicht stillsitzen.

Die Zweitklass-Untersuchung

An unserer Waldorfschulen wird gegen Ende des ersten Jahrsiebts des Kindes die Zweitklass–Untersuchung durchgeführt. Sie ist ein wichtiges Wahrnehmungsinstrument, das die Lernbedingungen eines Schülers genau erfasst. Die Zweitklass–Untersuchung ist keine Leistungsüberprüfung und kein Intelligenztest, sondern ermöglicht einen Einblick in die Sinnesreifung. Es wird beobachtet, wie das Kind am Ende der zweiten Klasse seinen Leib ergriffen hat und welche Wahrnehmungsmöglichkeiten es sich bis zu dem genannten Zeitpunkt erworben hat.

 Die Beobachtungskriterien sind im Einzelnen

  • Auditive Voraussetzungen für den Erwerb der Schriftsprache. U.a. gehören dazu Anlaut- und Auslauthören, das Nachsprechen von kleinen Sätzen, Wörteranzahl im Satz erkennen, Wortanalyse und Wortsynthese, Verbindung von Laut und Schriftsymbol, Schreiben lautgetreuer Wörter.
  • Körperorientierung. Angeschaut wird die Körperkenntnis, die Links-Rechtsorientierung, das Überkreuzen der Körpermitte, Mitbewegungen.
  • Gleichgewicht
  • Symmetrie
  • Dominanzen Auge, Ohr, Hand
  • Augenfolgebewegungen
  • Feinmotorik Auge – Hand – Koordination 
  • Grobmotorik
  • Zeitorientierung
  • Reihenfolgen
  • Bewegungen im Zahlenraum 1–20 ( Zahlenverständnis, Mengenvorstellung )
  • Malen ( Wahrnehmung der Außenwelt )
  • Arbeitshaltung, Ausdauer, Konzentrationsvermögen

Nach Abschluss der Untersuchung wird durch den Klassenlehrer das Untersuchungsergebnis ergänzt. Anschließend werden die Eltern des Kindes zu einem Gespräch in die Schule eingeladen. Bei dieser Gelegenheit können die Eltern Einblick nehmen in die gesamte Untersuchung. Falls notwendig, werden in diesem Gespräch den Eltern Empfehlungen gegeben, wie sie ihrem Kind helfen können, z.B. durch Arztbesuche oder Therapien (Logopädie, Ergotherapie etc.) oder auch durch Hilfe bei den Hausaufgaben - wenn nötig.

Die Zweitklass–Untersuchung wird in der Regel von Eltern und Lehrern geschätzt, weil sie wertvolle Hilfen bieten kann. Ob aber alle Kinder einer zweiten Klasse an dieser Untersuchung teilnehmen, hängt vom Elternwillen ab. Die Teilnahme an der Untersuchung ist freiwillig.

Heileurythmie (Eurythmietherapie)

Die Heileurythmie oder Eurythmietherapie ist eine Bewegungstherapie, die eine spezielle Weiterentwicklung der Eurythmie darstellt. Sie dient in der Schule als Hilfestellung zu einer gesundheitlichen, ganzheitlichen Entwicklung im pädagogischen Werdegang des Schülers.

Eurythmietherapie kann  vorbeugend und unterstützend  bei Kindern angewendet werden.

Bei Kindern mit konstitutionellen Einseitigkeiten und auch wenn sie in schwierigen Phasen der  Entwicklung Hilfe brauchen um Ihre Fähigkeiten optimal zu entfalten (z.B. biographische Krisen, Lernschwierigkeiten, Verhaltensauffälligkeiten, Wahrnehmungsstörungen in der Sinnes- und Bewegungsentwicklung, in der Wahrnehmung der gerichteten Aufmerksamkeit, in den Kulturtechniken, im Emotionalen, im Sozialen, in der Sprachentwicklung).

Mit dem Üben von ausgesuchten eurythmischen Bewegungen werden sich anbahnende Einseitigkeiten im motorischen, seelischen und lernspezifischen Bereich behandelt.

Das Kind bekommt die Möglichkeit, persönliche Hemmnisse auf seinem Entwicklungsweg zu bearbeiten und zu überwinden.